Die Auswirkungen der europäischen Fischerei in Ghana

Markt- und Fischersfrau Confort
Markt- und Fischersfrau
Confort © Südwind
Männer beim Flicken der Netze
Beim Flicken der Netze © Südwind
Fischerboot mit Fischern Ghana 2012
Fischerboot mit Fischern Ghana 2012
Piroge © Südwind

Fisch ist in aller Munde – nicht nur in der Weihnachtszeit kommt bei uns immer mehr davon auf den Teller, gilt er doch als die gesunde Alternative zu Fleisch. Die ÖsterreicherInnen essen mittlerweile pro Jahr 15,4 kg "Fisch im Ganzen". Auch weltweit wurde noch nie so viel Fisch verzehrt wie heutzutage: Laut FAO 18,8 kg pro Kopf und Jahr, Tendenz steigend.

Die Auswirkungen sind nicht nur aus ökologischer Sicht dramatisch. Auf sozialer Ebene führt der ständig steigende Fischkonsum zu Nahrungsmittelengpässen und einem Versiegen von Einkommensquellen der Menschen in Küstengebieten, vor allem in Afrika und Asien. 60 Prozent des in Europa konsumierten Fisches wird importiert.

Vor Ort in Ghana
Im September waren zwei Mitarbeiterinnen von Südwind im westafrikanischen Ghana, um sich vor Ort ein Bild von der Situation der Menschen zu machen, die traditionell vom Fischfang leben. Der Fischfang und seine Weiterverarbeitung sichern dort zweieinhalb Millionen Menschen, ca. zehn Prozent der Gesamtbevölkerung, das Einkommen. In Ghana werden pro Kopf und Jahr 25 kg Fisch gegessen. Fisch ist für die ghanaische Bevölkerung mit 60 Prozent die Hauptquelle für tierisches Eiweiß.

"Mit der Überfischung u. a. durch die EU-Fangflotten verlieren Hundertausende Menschen ihre wichtigste Proteinquelle und ihrer traditionellen Lebensweise droht der Untergang", berichtet Christina Schröder von Südwind. Seit den 1950er Jahren seien die Erträge des Fischfangs um zwei Drittel zurückgegangen, erzählte ein alter Fischer dem Südwind-Team. Die Kinder der Fischer müssten nun erstmals andere Berufe ergreifen, da sie davon nicht mehr leben werden können. In den Netzen, die von den Holzschiffen frühmorgens an Land gebracht werden, finden sich immer öfter gar keine Fische mehr.

Für die Fischer wird auch die Sicherheitslage im Wettlauf um den Fang immer prekärer. Die in ihre Gewässer eindringenden ausländischen Trawler, die um ein vielfaches größer sind als die traditionellen Holzboote, stellen eine Gefahr für die lokalen Fischer dar. Sie berichteten von Situationen, in denen sie von den ausländischen Besatzungen mit Gewalt bedroht wurden und von zerstörten oder verschwundenen Netzen, die sie aufgrund der finanziellen Notlage nur mehr schwer ersetzen können. "Der Spielraum für Fischer wird immer enger. Es gibt zu viele Player auf dem Meer, z. B. die industrielle Fischerei aus verschiedenen Nationen und die Ölförderung, aufgrund derer die Fischer manche Gebiete nicht mehr befahren können", so Donkris Mevuta von der ghanaischen NGO Friends of the Nation, der Ghana wegen seiner geografischen Nähe als eines der ersten Ziele für die EU-Fangflotte sieht.

Die EU fischt in fremden Gewässern
Die EU regelt ihre Fischerei in der so genannten "Gemeinsamen Fischereipolitik", die alle zehn Jahre reformiert wird. Derzeit sind gerade die Verhandlungen für die nächsten zehn Jahre am Laufen. "Ein zentrales Problem ist die Überkapazität der europäischen Fischfangflotte – sie fängt mehr Fisch als die Bestände vertragen und damit sie das kann, wird ihre 'Modernisierung' hoch subventioniert. Zudem weicht die EU-Flotte auf Fanggebiete wie etwa vor Westafrika aus", stellt Ines Zanella von Südwind fest. "Selbst Abkommen regeln nur die Spitze eines Eisbergs, solange nicht gegen Überkapazitäten der Flotten vorgegangen wird. Ghana hat nämlich kein Fischereiabkommen mit der EU, leidet aber extrem an Fischwilderei, also illegalem, nicht gemeldeten und unregulierten Fang."

Südwind interveniert bei den Mitgliedern des Europäischen Parlaments, da die Fischereiagenden dort behandelt werden. Ziel ist die soziale und entwicklungspolitische Dimension in die Debatte einzuführen, da die Regelung der EU-Fischereipolitik mit den für die Entwicklungszusammenarbeit festgelegten Zielen kollidiert.

Fairer Fisch
FischliebhaberInnen rät Südwind den Konsum vor allem von Meeresfisch einzuschränken. Mittlerweile ist die Überfischung auf den Weltmeeren so hoch, dass laut Experten der jetzige Umfang der industriellen Welt-Fischereiflotte um 50 Prozent reduziert werden muss. "Kurz gesagt, fehlt bereits jeder zweite gefangene Meeresfisch den Menschen, die in den Küstenregionen vom und durch Fisch leben und überleben", schließt Schröder und rät: "Wer Fisch in vollen Zügen genießen will, sollte den Produkten den Vorzug geben, die aus heimischer, ökologischer und nachhaltiger Aquakultur stammen."

Zum Downloaden und Weiterlesen:

Update zum Thema: Frischer Wind in EU Fischereipolitik - Februar 2013

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