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Auffangbecken in Ampasindava
Foto: Edward Carver, Mongabay

Südwind-Studie zum Abbau von Seltenen Erden – Fallbeispiel Madagaskar

Seltene Erden werden weltweit in Elektroautos, Laptops, Windrädern und anderen Technologien verwendet. Die Nachfrage nach diesen als „kritisch“ eingestuften Rohstoffen steigt. Doch der Abbau von Seltenen Erden hat auch negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt. Gegen ein geplantes Bergbauprojekt in Madagaskar leistet die lokale Bevölkerung seit Jahren Widerstand.

Eine neue von Südwind beauftragte Studie betrachtet gemeinsam mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen CRAAD-OI und WoMin ein Bergbauprojekt im Nordwesten Madagaskar. Diese Auseinandersetzung um eine neue Mine ist ein Beispiel für den weltweit zunehmenden Rohstoffabbau: Regierungen und Unternehmen vor allem aus Ländern des Globalen Nordens wollen sich den Zugang zu sogenannten „kritischen Rohstoffen“ sichern. Seltene Erden werden in Technologien verwendet, welche für die angesichts der Klimakrise notwendige Energie- und Verkehrswende benötigt werden: z.B. in Dauermagneten für E-Auto-Motoren oder für Stromgeneratoren in Windrädern. Aber auch in herkömmlichen Autos, Laptops, Smartphones, Akkus, medizinischen Geräten und Militärtechnik stecken die begehrten Rohstoffe. Teil A der neuen Südwind-Infoblätter fasst Verwendung, Vorkommen und Abbau der Seltenen Erden, sowie dessen Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt, zusammen.

Probebohrungen ohne Zustimmung der Bevölkerung

Ein umkämpfter Schauplatz im Rennen um die Rohstoffe der Zukunft ist die Halbinsel Ampasindava im Nordwesten Madagaskars. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Nachfrage nach Seltenen Erden sind seit 2009 dort Planungen und Probebohrungen im Gange. Aufgrund mangelnder Mitsprachemöglichkeiten und der absehbaren Auswirkungen auf ihre Lebensumstände formte sich Widerstand innerhalb der lokalen Bevölkerung. Würde die Mine in Vollbetrieb gehen, fürchten die vielfach in der Landwirtschaft tätigen Menschen den Verlust ihres Zugangs zu Land und damit ihrer Lebensgrundlage. Der Bergbau führt zu Verunreinigungen von Böden und Wasser mit Chemikalien und zur Abholzung von Wäldern. CRAAD-OI und WoMin legten bei ihrer Vor-Ort-Recherche besonderes Augenmerk auf die Auswirkungen des Bergbaus auf die Situation von Frauen (zusammengefasst im Informationsblatt Teil B, sowie in voller Länge in der englischsprachigen Gesamtstudie).

Österreich in der Pflicht: Reduktion des Rohstoffverbrauchs und ein starkes EU-Lieferkettengesetz

Bislang konnte eine vollständige Abbaulizenz für Seltene Erden von den sozialen Bewegungen verhindert werden. Der Etappensieg der Menschen auf Ampasindava bleibt aber nur ein Teilerfolg, wenn Regierungen und Unternehmen im Globalen Norden ihren Zugriff auf Rohstoffe weltweit ungebremst ausweiten, auf Kosten der Menschen und Umwelt in den Abbaugebieten.

Für eine gerechte Rohstoffpolitik fordert Südwind daher in erster Linie eine konsequente Verringerung des Rohstoffverbrauchs. Österreich hat sich selbst in der 2022 veröffentlichten Kreislaufwirtschafts-Strategie das ambitionierte Ziel gesetzt, den Materialfußabdruck auf 7 t pro Person zu reduzieren. Bei jedem Bergbauprojekt, das dann trotzdem noch notwendig ist, muss die freie, vorherige und informierte Zustimmung der lokalen Bevölkerung eingeholt werden. Außerdem müssen Unternehmen zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang ihrer gesamten Lieferkette verpflichtet werden – bis hin zu ersten Stufe: der Rohstoffgewinnung. Deshalb setzt sich Südwind für ein starkes EU-Lieferkettengesetz ein.

 

Elektronik Lieferkette

Auswirkungen der Elektronik Lieferkette
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Es wird des öfteren von schlechten Arbeitsbedingungen innerhalb globaler Lieferketten berichtet. Auch in der Elektronikindustrie sind die Missachtung minimaler Arbeitsrechte und Umweltzerstörung vielfach dokumentiert.

Unternehmen sind in der Regel bestrebt nach neuen Strategien zur Senkung ihrer Produktionskosten zu suchen um ihre Gewinne zu steigern oder abzusichern. Den großen Unternehmen der IT-Branche ist es gelungen große Teile ihrer Produktion in Länder mit niedrigem Lohnniveau auszulagern. Die dort niedrigen Standards zum Schutz von Arbeitnehmer:innen sind ein wesentlicher Faktor um die Produktionskosten gering zu halten. In der Elektronikindustrie entstanden aufgrund der technischen Komplexität besonders intransparente Lieferketten. Dadurch entsteht ein hohes Risiko, dass Arbeiter:innen ausbeuterischen Verhältnissen ausgesetzt sind. Die laschen Gesetze im Globalen Norden, wo ein großer Teil der global produzierten elektronischen gekauft wird, begünstigt diese Missstände.

Rohstoffgewinnung

Die metallischen Rohstoffe für elektronische Geräte stammen zum großen Teil aus Lateinamerika, Asien oder Afrika. Die Arbeit in Minen ist ein gefährlicher Job. Unfälle kommen häufig vor und auch chronische Krankheiten sind weit verbreitet. Menschen werden aufgrund der durch den Bergbau verursachten Umweltschäden vertrieben.

Fertigung

Die Fertigung von Elektrogeräten findet zu großen Teilen in asiatischen Ländern statt. Die Arbeiter:innen sind durch zahlreiche giftige Inhaltsstoffe gefährdet und leiden unter widrigen Arbeitsbedingungen. Sie werden häufig zu gering entlohnt, wodurch sie zu sehr vielen Überstunden gezwungen sind, um ein Einkommen zu erzielen mit dem ein menschenwürdiges Leben möglich ist.

Elektroschrott

Viele der elektronischen Geräte landen nach der meist kurzen Nutzung als toxischer Elektroschrott wieder in den Ländern des Globalen Südens. Dort werden sie unter gefährlichen Arbeitsbedingungen auseinandergenommen. Die Arbeiter:innen riskieren dabei täglich ihre Gesundheit. Auch hier erwirtschaften sie wenig und sind in ihrer Existenz bedroht.

Rohstoffabbau

Der Rohstoffabbau ist mit Umwelt- und Gesundheitsproblemen verbunden, fördert Korruption und findet oft unter katastrophalen Bedingungen statt.

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Produktion

Überlange Arbeitszeiten, Hungerlöhne, fehlende Schutzkleidung, Zwangsarbeit: Die Arbeitsbedingungen in der Produktion sind prekär.

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Elektroschrott

Unser toxischer Elektroschrott wird meist im Globalen Süden deponiert. Dort wird er ausgeschlachtet und verursacht massive Umwelt- und Gesundheitsschäden.

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Was können wir tun?

Wir zeigen dir deine Handlungsoptionen auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene, vom Recycling bishin zum politischen Aktivismus. Act now!

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Südwind für faire Elektronik

Südwind setzt sich im weltweiten Kontext für faire Arbeitsbedingungen, Umweltschutz, politische Lösungen und innovatives Bildungsmaterial ein. Unterstützung der Betroffenen und verbindliche globale Regelungen für faire öffentliche Beschaffung sowie starke internationale Expert*innennetzwerke sind ebenso Bestandteil unserer Arbeit. Wir fordern Regierungen auf, E-Müll-Exporte streng zu kontrollieren und Verstöße zu ahnden. Produzent*innen sollen per Gesetz dazu verpflichtet werden, die Lebensdauer ihrer Produkte zu maximieren und auf Unternehmenskosten ein sachgemäßes Recycling zu garantieren.

Bildungsarbeit

Wir möchten, dass die Nutzer*innen von Elektronik die Menschenrechtsproblematik der Lieferketten kennen. Wenn Viele einen Einblick haben, dann lassen sich Verbesserungen anstoßen.

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Politische Arbeit

Wir setzen uns auf verschiedenen Ebenen der Politik (national und international) für verbesserte Regulierung der Elektronikindustrie ein, damit in Zukunft Menschenrechte geachtet werden müssen.

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Ein Südwind Mitarbeiter betreibt Recherche zur Elektronikindustrie in China

Projekte

Wir sind seit viele Jahren in Projekten auf nationaler und internationaler Ebene federführend eingebunden, welche zum Ziel haben die Menschenrechtssituation in der Elektronikindustrie zu verbesern.

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Digitale Bibliothek

In unserer digitalen Bibliothek stehen dir kostenlose Infomaterialien und Downloads zum Thema Elektronikindustrie und Menschenrechte zur Verfügung. Viel Spaß beim Schmökern!

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Podcast - Elektronik fair produziert?

Das Wissen zu elektronischen Geräten ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Weniger bekannt ist aber weiterhin die Welt hinter den elektronischen Produkten geblieben – also das was geschieht, bevor wir ein digitales Endgerät nutzen können.

Deshalb hat Südwind in Kooperation mit Radio FRO, ein freier und gemeinnütziger Radiosender in Oberösterreich, die Podcast Reihe "Elektronik fair produziert?" gestartet. Über Goldabbau und seltene Erden, Großkonzerne und undurchdringliche Geldflüsse, ausgebeutete Elektronik-Arbeiter:innen - Hintergründe, Fakten und Ausblicke zum Thema Faire Elektronik-Lieferketten.

Alle Sendungen sind auf der Website von Radio FRO nachzuhören - hört rein!