Südwind und NeSoVe: Wirtschaftsminister Kocher darf EU-Lieferkettengesetz nicht blockieren

Aktivistinnen fordern strenges Lieferkettengesetz vor dem
Bundeskanzleramt
Foto: Christopher Glanzl

Morgen wird im Rat über das EU-Lieferkettengesetz entschieden. Südwind und das Netzwerk Soziale Verantwortung warnen vor massiven Abschwächungen – 50 Organisationen richten Offenen Brief an EU-Minister:innen

Wien, 30. November 2022: Die EU-Minister:innen werden morgen im Rat für Wettbewerbsfähigkeit (COMPET) über das EU-Lieferkettengesetz entscheiden. Dabei geht es darum, ob es eine Mehrheit für das EU-Lieferkettengesetz gibt und in welcher Form dieses vom Rat beschlossen wird. Österreich wird durch Wirtschaftsminister Martin Kocher vertreten. „Wirtschaftsverbände versuchen mit unseriösen Vorwänden, das EU-Lieferkettengesetz zu verwässern. Wirtschaftsminister Kocher darf dem Druck der Industrielobbyist:innen nicht nachgeben, sondern muss mit dem EU-Lieferkettengesetz beweisen, dass er für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik der Zukunft steht, appelliert Bettina Rosenberger, Koordinatorin der Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!. Die Anliegen der Zivilgesellschaft wurden diese Woche im Rahmen eines Offenen Briefs an Wirtschaftsminister Kocher geschickt.

„Auch 2022 steht ausbeuterische Arbeit in den Lieferketten vieler europäischer Konzerne an der Tagesordnung. Etwa durch Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Hungerlöhne, den Umgang mit gesundheitsgefährdenden Substanzen oder der Verfolgung von Gewerkschafter:innen. Damit muss endlich Schluss sein”, fordert Gudrun Glocker, Südwind-Lieferkettenexpertin. Wirtschaftsminister Kocher muss sich dafür einsetzen, dass das EU-Lieferkettengesetz den Schutz aller Menschenrechte umfasst und eine zivilrechtliche Haftung enthält.” Nur eine solche Haftung ermöglicht es Betroffenen, zu ihrem Recht zu kommen und Entschädigungen einzuklagen.

Während der Entwurf der EU-Kommission die gesamte Wertschöpfungskette abgedeckt hat, kam in den letzten Wochen das neu eingebrachte Konzept der „chain of activities“ auf. Dieses stellt eine massive Aufweichung dar, würde es doch die Reichweite der vorgesehenen Sorgfaltspflichten drastisch einschränken. Nachgelagerte Aktivitäten würden nicht mehr berücksichtigt, doch dies ist dringend notwendig. „Unternehmen, die Waffen, Arzneimittel, Pestizide, Überwachungssoftware oder Chemikalien produzieren, müssen Verantwortung übernehmen! Ebenso muss sichergestellt werden, dass der Finanzsektor in der Richtlinie inkludiert ist, da gerade österreichische Banken, die in Russland tätig sind, ihre Verantwortung für Menschenrechte wahrnehmen müssen", betont Rosenberger.

Südwind und NeSoVe fordern ein umfassendes europäisches Lieferkettengesetz, das die gesamte Wertschöpfungskette einschließlich der nachgelagerten Auswirkungen abdeckt, eine Sorgfaltspflicht für Klimaauswirkungen und konkrete Klima-Übergangspläne umfasst und den Kläger:innen den Zugang zu Rechtsmitteln erleichtert. „Das EU-Lieferkettengesetz hat das Potenzial, ein echter Gewinn für Bürger:innen, Unternehmen, Staaten und die Umwelt zu sein. Werden die Regeln wirksam ausgestaltet, schützen sie Menschenrechte, Umwelt und Klima gleichermaßen”, so Gudrun Glocker und Bettina Rosenberger abschließend.

Die Kampagne „Menschenrechte brauchen Gesetze!“ wird von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis getragen und vom NeSoVe koordiniert. Gemeinsam mit über 100 NGOs und Gewerkschaften aus ganz Europa mobilisieren zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften im Zuge der neuen Kampagne „Gerechtigkeit geht alle an!“  (Justice is Everybody's Business) für ein EU-Lieferkettengesetz, das Menschen- und Arbeitsrechte, die Umwelt und das Klima effektiv schützt.

 

Bettina Rosenberger
Kampagnenkoordinatorin „Menschenrechte brauchen Gesetze!“
+43 660 8835409, bettina.rosenberger@nesove.at
c/o Netzwerk Soziale Verantwortung

Silvia Haselhuhn, M.A.
Südwind Verein für Entwicklungspolitik und globale Gerechtigkeit
Pressesprecherin
+43 680 1583016
silvia.haselhuhn@suedwind.at