Südwind: Europäische Leder-Unternehmen schweigen zu Einkaufspraktiken aus Bangladesch

innen in einer Textilfabrik in Bangladesch
Arbeiter:innen in einer Textilfabrik in Bangladesch / BLF

Neue Lieferketten-Studie der Südwind-Initiative Together for Decent Leather: Schuhmarken und Lederhändler gewähren keine Einblicke in die Herkunft ihres Leders    

Wien / Amsterdam / Dhaka, am 6. Dezember 2022. Im Rahmen von Together for Decent Leather, der Initiative für faire Lieferketten in der Lederindustrie, hat die Südwind-Partnerorganisation SOMO 13 Schuhfirmen und 14 Lederimporteure kontaktiert und nach ihren Einkaufspraktiken befragt. Nur sechs Unternehmen gaben eine Rückmeldung. Obwohl Gerbereien in Bangladesch für ihre schlechten Arbeitsbedingungen bekannt sind, lassen europäische Marken von CCC bis Tamaris (Wortmann) dort produzieren, ohne Auskunft über Risikomanagement, Arbeitsbedingungen und Einkaufspraktiken zu geben. „Es ist unmöglich, Missstände in Lieferkettten zu thematisieren. geschweige denn zu lösen, wenn der Mantel des Schweigens darübergelegt wird", sagt Gertrude Klaffenböck, Südwind-Expertin für faire Lieferketten. „Wenn die Bereitschaft von Unternehmen zur Transparenz fehlt, braucht es gesetzliche Verpflichtungen.“

In welchen Endprodukten sich das Leder aus Bangladesch wiederfindet ist schwer nachzuvollziehen. „Schuhmarken, Fabriken, Gerbereien, Zulieferer und Lederhändler sind als undurchsichtiges Netz organisiert. Das ist kein Zufall. Damit kann die Mit-Verantwortung von Unternehmen für unmenschliche Arbeitsbedingungen verschleiert werden“, so Südwind-Expertin Klaffenböck: „Konsument:innen und Bürger:innen kämpfen seit vielen Jahren für mehr Transparenz. Nun sind Regierungen in der Pflicht: Sie müssen endlich Unternehmen durch Gesetze und verbindliche Regeln zu Transparenz und zu Rechenschaft und Mit-Haftung für Missstände in Lieferketten verpflichten.“

Der neue Bericht Indecent work and hidden supply chains entspricht damit genau dem Bild, das bereits frühere Recherchen ergeben haben: Auskünfte zu Lieferketten der Lederbranche,  zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen und Risikomanagement sind unvollständig oder gänzlich unbeantwortet. Bereits im November präsentierte Südwind eine Analyse öffentlich zugänglicher Informationen über die Lieferketten von 100 Leder-, Schuh und Modemarken. Aus dieser ging hervor, dass nur ein Drittel ihre direkten Zulieferer nennt und das oft nur unvollständig. Besonders schlecht schnitten ausgerechnet Unternehmen des Luxussegments ab: Nur 20 Prozent der Luxusmarken (9 von 44) legten ihre Lieferanten offen. Insgesamt wurden bei der Recherche nur von 17 Unternehmen Informationen über Verarbeitungsbetriebe und Rohstofflieferanten gefunden.

Unsichere, ungesunde, unterbezahlte Arbeit
Eine im September veröffentlichte Studie von Südwind-Partnerorganisation Bangladesh Labour Foundation (BLF) zeigte gravierende arbeitsrechtliche Verstöße in der Lederindustrie in Bangladesch. BLF befragte Arbeiter:innen in 26 Gerbereien im Industriegebiet Savar in der Nähe der Hauptstadt Dhaka. 63 Prozent der Befragten gaben an unter gesundheitlichen Folgen aufgrund unsicherer Arbeitsbedingungen zu leiden. 75 Prozent beklagten das Fehlen von angemessener Schutzausrüstung. Mehr als die Hälfte erhielt Löhne unterhalb des nationalen Mindestlohns und weit unterhalb eines existenzsichernden Minimums.

„Trotz Bemühungen der internationalen Arbeiterbewegung sowie des nationalen Maßnamenplans in Bangladesch bleibt noch viel zu tun, um die Probleme im Ledersektor zu beheben“, sagt Ashraf Uddin Mukut, geschäftsführender Direktor der BLF in Bangladesch. „Ausländische Einkäufer von Leder und Lederprodukten tragen eine große Verantwortung: Wie sie sich gegenüber den Herstellerbetrieben und der Regierung verhalten, hat einen großen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen in der Lieferkette."

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Über Together for Decent Leather

Die österreichische Menschenrechtsorganisation Südwind ist einer von sieben Partnern des europäisch-asiatischen Konsortiums Together for Decent Leather. Dieses hat sich zum Ziel gesetzt, die Arbeitsbedingungen entlang der internationalen Lieferketten von Lederwaren zu verbessern und zu einem Ende von ausbeuterischer Arbeit beizutragen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Zentren der Lederproduktion in Südasien, insbesondere in den Bezirken Vellore und Chennai in Tamil Nadu in Indien, im Großraum Karachi in Pakistan und im Großraum Dhaka in Bangladesch.