Presseaussendung

13. November 2025 | Presse

Fachtagung im Wiener Rathaus beleuchtet internationale Praxisbeispiele für nachhaltige und inklusive Mobilität

Podiumsdiskussion bei der EZA Fachtagung der Stadt Wien, organisiert von Südwind im Wappensaal des Wiener Rathauses

Wien, 13. November 2025. Voller Rathaussaal, lebhafte Debatten und konkrete Lösungsansätze: Rund 160 Teilnehmer:innen diskutierten am 12. November bei der EZA-Fachtagung der Stadt Wien, organisiert von der Menschenrechtsorganisation Südwind, wie Mobilität leistbar, inklusiv und klimaschonend gelingen kann. Die Tagung bringt jährlich internationale Expertise, Praxisbeispiele und lokale Akteur:innen zusammen, um aktuelle entwicklungspolitische Themen zu diskutieren. Heuer stand die Veranstaltung unter dem Motto: „Gemeinsam unterwegs – Mobilität bewegt Entwicklung“ und beleuchtete erprobte Ansätze aus Ghana, Kenia und Mexiko mit Relevanz für Wien und andere Städte.

Fachliche Inputs aus Ghana, Kenia und Mexiko

Der Verkehrssektor verursacht rund 15 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Gleichzeitig fehlen in vielen Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas sichere Straßen, leistungsfähiger öffentlicher Verkehr und stabile Netze. Bei der Fachtagung im Wappensaal des Wiener Rathauses wurden Lösungsansätze und Praxisbeispiele aus Ghana, Kenia und Mexiko präsentiert und mit Vertreter:innen aus der österreichischen Forschung, Zivilgesellschaft und Verwaltung diskutiert.

„Die Tagung hat gezeigt, dass Mobilität der Schlüssel für einen nachhaltigen Wandel auf vielen Ebenen sein kann. Wie die vorgestellten Fallbeispiele aus dem Globalen Süden zeigen, erleichtert klimaschonende und sozial gerechte Mobilität den Zugang zu Bildung, Arbeit und politischer Teilhabe und ist darüber hinaus gut fürs Stadtklima und die Gesundheit. Die hohe Beteiligung im Rathaussaal belegt die Aktualität des Themas und den Wunsch nach praxisnahen Lösungen”, sagt Ines Zanella, Mitorganisatorin und stellvertretende Geschäftsführerin von Südwind.

Nachhaltige Lösungen trotz knapper Ressourcen

Die Sprecher:innen Olivia Lamenya (Kühne Climate Center, Kenia), Godwin Festival Boateng (Transport Studies Unit, Oxford University, UK/Ghana), Verónica Ortiz Cisneros (Institute for Transportation & Development Policy, Mexiko) und Aida Susana Lopez Mendez (MIVA) präsentieren Vorzeigeprojekte, wo es trotz fehlender Ressourcen gelang, Mobilität sicherer, inklusiver und klimafitter zu gestalten.

Olivia Lamenya betont die große Bedeutung, dass Politik, Unternehmen und Menschen für nachhaltige Mobilitätslösungen an einem Strang ziehen: “Es genügt nicht, einfach E-Bikes zu verkaufen. Durch globalen Austausch – etwa den Besuch fahrradfreundlicher europäischer Städte mit kenianischen Politiker:innen – wurde der Grundstein für das Radwegnetz in Nairobi gelegt, das mittlerweile 500 Kilometer beträgt. Gleichzeitig organisieren wir gemeinsames Fahrradfahren wie die Critical Mass, um den Menschen die gemeinsame Nutzung des Straßenraums näherzubringen.”

“Auto-Rikschas haben das Transportwesen in Ghana revolutioniert und vielen Menschen neue Chancen eröffnet.Viele Menschen erhalten dadurch eine Lebensgrundlage mit guter Entlohnung, die 14-mal höher liegt als das Existenzminimum. Gleichzeitig hat diese Bottom-up-Mobilität großen Lücken im öffentlichen Verkehr geschlossen. Es entstehen aber auch neue Herausforderungen, wie die Sicherheit im Verkehr oder die Luftverschmutzung, für die die Politik nun Lösungen finden muss”, führt Godwin Festival Boateng die Situation in Ghana aus.

Verónica Ortiz Cisneros aus Mexiko präsentiert mit den Siegerprojekten und -städten des Sustainable Transport Awards eine große Vielfalt, was gut umsetzbare nachhaltige Mobilität in Städten bedeutet: “Nachhaltiger Transport ist das Herz von gut entwickelten Städten. Eine gute Umsetzung ist nicht nur mit großen Budgets möglich. Wichtig ist die Analyse von Bedürfnissen, die lokal sehr unterschiedlich sind.”

Aida Susana Lopez Mendez von MIVA fokussiert auf Mobilität im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit-Projekten: “Keine Schule und kein Krankenhaus erfüllt ihren Zweck, wenn die Menschen nicht sicher dorthin gelangen. Daher unterstützen wir unterschiedliche Mobilitäts-Varianten – von Jeeps und Transporträdern, die auch mit schlechten Straßenverhältnissen zurechtkommen, bis zu Rollstühlen, Hybrid-Autos und Elektro-Mopeds, sobald die Infrastruktur dafür gegeben ist. Zentral ist die unmittelbare Orientierung an lokalen Bedürfnissen.”

Einblicke aus der österreichischen Forschung, Politik und Praxis.

Michael Schwendinger vom VCÖ – Mobilität mit Zukunft warnte vor falschen Versprechen: “Alternative Treibstoffe wie E-fuels und HVO-Diesel sind aufgrund ihrer Verfügbarkeit nicht dafür geeignet, Individualverkehr im gewohnten Rahmen zu ermöglichen. Sie müssen dort eingesetzt werden, wo Alternativen fehlen, wie etwa im Flugverkehr. Zentral ist die Vermeidung und Verlagerung des Verkehrs, vom privaten Auto zum öffentlichen Verkehr, von fossilen Antrieben auf E-Mobilität. Und nicht zuletzt brauchen wir Mut zum Ausprobieren: Warum nicht Tempolimits für ein Jahr ausprobieren und dann evaluieren?”

Harald Frey von der TU Wien: “Mobilität ist ein Mittel zum Zweck, um tägliches Leben möglich zu machen. Wohlstand ist, diese Möglichkeiten zu schaffen und nicht einzelnen Verkehrsmitteln wie dem Auto die absolute Priorität einzuräumen. Der öffentliche Raum ist Begegnungs- und Integrationsraum und kein Transitraum – hier ist die Aufgabe, diesen Raum inklusiv und demokratisch zu gestalten.”

In der anschließenden, regen Publikumsdiskussion reflektierten die Expert:innen die unterschiedlichen Ansätze. Es wurden Fragen zu Rohstoffgerechtigkeit, Ladeinfrastruktur, Energieversorgung und Kompetenzaufbau adressiert. Dabei wurde deutlich, dass nachhaltige, sichere und inklusive Mobilität nicht nur eine technologische, sondern auch eine politische und gesamtgesellschaftliche Herausforderung darstellt, die breite Allianzen zwischen Kommunen, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft erfordert.

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Bitte um Angabe des Fotocredits: © Inna Kravchenko

Weitere Informationen und Statements gerne auf Anfrage.

Rückfragehinweis:
Vincent Sufiyan
Kommunikationsleiter Südwind
Tel.: 0650 96 77577
E-Mail: vincent.sufiyan@suedwind.at

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