Problemfelder

Die hier angeführten Probleme sind eine Auswahl an häufig beobachteten Missständen, welche durch die Monitoringtätigkeit von Electronics Watch bekannt geworden sind. Electronics Watch untersucht seit 2015 aktiv die Arbeitsbedingungen in den Lieferketten der Elektronikindustrie.

Erzwungene Überstunden

Arbeiter:innen werden gezwungen Überstunden zu leisten, um überhaupt den Mindestlohn zu erhalten, oder nicht entlassen zu werden.

Zwangspraktika für Studierende

Studierende werden gezwungen „Praktika“ in Firmen zu absolvieren, die oft nichts mit ihrer Ausbildung bzw. Studium zu tun haben. Ohne diese Praktika erhalten sie keinen Abschluss.

Beschränkungen des Kündigungsrechts

Arbeiter:innen werden gehindert eine Firma zu verlassen, indem sich die Vorgesetzten weigern ihre Kündigungen zu bearbeiten, ihnen die Dokumente für eine Kündigung nicht ausgehändigt werden, oder ihnen das letzte Monatsgehalt nicht ausgezahlt wird.

Täuschung über Löhne und Leistungen

Arbeiter:innen werden von Leiharbeitsagenturen angeworben, die Ihnen falsche Versprechungen zu den Löhnen machen und schlechte Arbeitsbedingungen verheimlichen. Ein Ausstieg aus den Verträgen ist danach fast unmöglich.

Schuldknechtschaft

Arbeitnehmer:innen müssen sich verschulden um überhöhte Gebühren an  Personalvermittler zu bezahlen.  Reisedokumente werden abgenommen um eine Rückzahlung der Schulden zu erpressen.

Beschränkungen der Freizügigkeit

Wanderarbeiter:innen werden gezwungen in ihrer Freizeit in Fabriken oder Wohnheimen zu bleiben, obwohl es keine gesetzlichen Regelungen dafür gibt. Besonders die COVID-19-Pandemie verschärfte diese Situation.

Staatlich verordnete Zwangsarbeit

Es gibt Berichte aus China, wo ethnische Minderheiten (z.B. Uiguren) zwangsumgesiedelt und gezwungen werden in Fabriken zu arbeiten, die sie nicht verlassen dürfen.

Migrantische Beschäftigte

Es werden bewusst ausländische Arbeiter:innen beschäftigt, welche sich aufgrund ihres Status als Migrant:innen mit unsicherem Aufenthaltsstatus weniger gegen schlechte Arbeitsbedingungen wehren können.

Täuschung über giftige Chemikalien

Arbeiter:innen werden nicht über die Gefahren der Chemikalien aufgeklärt, mit denen sie hantieren müssen. Sie können sich daher nicht richtig vor ihnen schützen, was zu einer großen Bandbreite an Schäden führen kann, welche mitunter erst verzögert auftreten.

Es werden in der Elektronikindustrie Tausende von Chemikalien bei der Herstellung von Werkstoffen und Bauteilen sowie beim Zusammenbau von Produkten verwendet. Diese Chemikalien können explosiv, giftig oder ätzend sein und die Haut, die Atemwege, das Fortpflanzungssystem und das zentrale Nervensystem angreifen. Einige sollten überhaupt nicht verwendet werden, während andere nur mit umfangreichen Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer:innen und der Umwelt eingesetzt werden sollten. Leider fehlt es manchmal an solchen Maßnahmen. Die Beschäftigten sind dann giftigen Stoffen und deren Dämpfen ausgesetzt, was zu Krankheiten und sogar zum Tod führen kann.

Ungesunde Arbeitsbelastung

Überlange Arbeitszeiten (mehr als 70h / Woche) sind ein generelles Problem in der Elektronikindustrie. Arbeitnehmer:innen sind oft auf Überstundenzuschläge existentiell angewiesen. Das führt zu einem erhöhten Risiko von Arbeitsunfällen, da müde Arbeitnehmer:innen eher zu Fehlern neigen oder Sicherheitsmaßnahmen außer Acht lassen. Unter extremen Bedingungen sterben Arbeitnehmer:innen an den Folgen von Überarbeitung.

Weitere Problemfelder der Elektronikindustrie

  • Hohe Arbeitsdichte – kaum Pausen - enormer Druck auf die ArbeiterInnen
  • Körperliche und psychische Gewalt gegen die ArbeiterInnen
  • Prekäre Beschäftigungsverhältnisse
  • Geringe Löhne, die nicht zu einem würdigen Leben reichen
  • Einsatz von gesundheitsschädlichen Chemikalien ohne ausreichende Schutzkleidung
  • Unzureichende Schulung und Aufklärung der ArbeiterInnen in Bezug auf Gefahren und Gesundheitsgefährdung in ihrer Arbeit
  • Fehlende oder unzureichende Entschädigungszahlungen der Firmen für kranke ArbeiterInnen oder für Familien von ArbeiterInnen.
  • Gewerkschaften sind verboten, werden unterdrückt oder von der Geschäftsleitung korrumpiert
  • Kein Zugang für Monitoringorganisationen
  • Einsatz von migrantischen ArbeiterInnen, die dann noch abhängiger vom Umfeld der Firma sind
  • Rekrutierungsorganisationen, die mit falschen Informationen und zu überteuerten Konditionen ArbeiterInnen für die Firmen anwerben.
  • Massive Umweltverschmutzung, die auch die Menschen in den betroffenen Städten und Regionen betrifft und fehlende Sanktionen den Firmen gegenüber

Der Druck auf die ArbeiterInnen ist so hoch, dass es immer wieder zu Suiziden kommt.

Südwind-Studie zu Arbeitsbedingungen in der Elektronikproduktion

Die Elektronikindustrie ist weltweit geprägt von Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung und Gesundheitsrisiken – Öffentliche Beschaffung hat besondere Verantwortung für ausbeutungsfreie Elektronik

Eine neue von Südwind beauftragte Studie gemeinsam mit Electronics Watch bietet einen Überblick zu arbeitsrechtlichen Problemen in der Elektronikindustrie. Demnach zeigen sich in einigen der weltweit wichtigsten Produktionsländern alarmierende Zustände: Löhne weit unterhalb des jeweiligen Existenzminimums, gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen und fehlende soziale Absicherung für die Beschäftigten.

IT-Unternehmen aus dem Globalen Norden verlagern ihre Produktion systematisch in Länder mit niedrigen Arbeitsrechtsstandards. Dadurch entstehen intransparente Lieferketten, die geprägt sind von ausbeuterischen Verhältnissen. Die lasche Gesetzgebung im Globalen Norden verstärkt die Missstände. Auch in Österreich müssen Schritte gesetzt werden, um gegen Ausbeutung in Ländern des Globalen Südens vorzugehen.

Südwind fordert daher ein gesetzliches Regelwerk für verbindliche Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette und mehr Engagement für nachhaltige Elektronik auf allen Ebenen. Ein großer Teil der gesamten Elektronik-Produktion wird von öffentlicher Hand eingekauft. Für einen Wandel hin zu faireren Arbeitsbedingungen kann somit die öffentliche Auftragsvergabe eine wichtige Rolle spielen. Öffentliche Ausschreibungen müssen konkrete Beschaffungskriterien für die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten entlang der gesamten Lieferkette enthalten.

Auch Richtlinien auf EU- und UNO-Ebene unterstützen öffentliche Auftraggeber dabei, solche Kriterien festzuschreiben. Gleichzeitig müssen in den Produktionsstätten seriöse Kontrollen und unabhängige Beschwerdemechanismen vorgeschrieben werden. Bereits über 900 öffentliche Einrichtungen nutzen dafür Electronics Watch, die mit Arbeitsrechtsexpert:innen im Globalen Süden zusammenarbeiten.

Made in China

Im Rahmen eines Austausch-Programms der Stiftung Asienhaus recherchierten wir im Jahr 2018 einen Monat lang in Hongkong und China zu den Arbeitsbedingungen in der Elektronikindustrie.

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