Das Chaos in Libyen und die auswärtigen Interessen

Vortrag & Diskussion

mit Prof. Dr. Werner Ruf

Montag, 28. Oktober 2019

MUSS LEIDER ABGESAGT WERDEN WEGEN KRANKHEIT

Der Vortag muss leider wegen Krankheit abgesagt werden!

Moderation: Univ. Prof. Dr. Christian Zeller

Der Sturz Gadhafis war notwendig, um die Schaffung einer afrikanischen Währungsunion und damit die Zerstörung des neokolonialistischen Systems der Communauté Financière d’Afrique zu verhindern, das bis heute die Ausplünderung eines großen Teils des Kontinents sichert. Ausländische Akteure spielten schon 2011 eine zentrale Rolle, die Intervention der NATO verstärkte noch die Rolle von als Stellvertretern agierenden Milizen. Heute agieren im Land neben zahllosen Milizen  drei bis vier exekutive Gewalten, die einen Herrschaftsanspruch anmelden:

·         Das (gewählte) und zunächst international anerkannte Parlament in Tobruk,

·         die (nicht anerkannte) islamistisch dominierte „Regierung“ in Tripolis,

·         die unter Druck des Westens und vermittelt durch die UN 2015 gebildete „Regierung der Nationalen Übereinkunft“ unter Sarraj und

·         der zunächst als Verteidigungsminister der Tobruk-Regierung agierende Kriegsherr „Marschall“ Haftar.

Im Lande selbst entwickelte sich eine politische Ökonomie der Gewalt, die gewaltförmig die vorhandenen Ressourcen zu nutzen versucht: Kontrolle der Ölförderung, der Pipelines und vor allem der Verladehäfen. Zweite wichtige Ressource sind die Flüchtenden aus Schwarzafrika und aus dem Nahen Osten: Klimawandel, Land Grabbing und EU-Freihandelsverträge haben die Lebensgrundlage der Menschen zerstört, Flucht ist die Folge.

Die Flüchtlingspolitik der EU setzt konsequent auf Abschottung, fördert die Gewaltakteure, die mit bestialischen Mitteln an der Ressource Mensch verdienen. Im Hintergrund jedoch agieren die großen Mächte, rivalisieren ENI und Total um die Kontrolle des Öls, kämpfen die Regionalmächte wie Türkei, Saudis, VAR, Qatar, Ägypten um Einfluss, etabliert sich der „Islamische Staat“. Die Auseinandersetzungen zwischen „Regierungen“, Haftar, Milizen, die Kriegsbeteiligungen der auswärtigen Mächte treiben das Land in ein immer tieferes Chaos und destabilisieren insbesondere das benachbarte Tunesien.

Werner Ruf ist emeritierter Professor für internationale und intergesellschaftliche Beziehungen und Außenpolitik an der Universität Kassel. Er ist spezialisiert auf die Politik, Wirtschaft und den sozialen Wandel in Nordafrika und im Nahen Osten.

Nach dem Vortrag wird Raum für Fragen und Diskussionen geboten.      

In Kooperation: AAI mit dem Friedensbüro, Südwind Salzburg und der Sozial- und Wirtschaftsgeografie der Uni Salzburg im Rahmen der Vorlesung Einführung in die Global Studies