Südwind zum Weltflüchtlingstag: Zukunftsfähige Migrationspolitik braucht solidarische Lösungen statt plumpem Populismus

Fehlende Hilfe vor Ort, mangelnder Kampf gegen Fluchtursachen und keine legalen Fluchtwege – Südwind kritisiert Österreichs Migrationspolitik und fordert menschenrechtskonforme Lösungen                        

Wien, am 17. Juni 2021. Laut Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen ist weltweit jeder hundertste Mensch auf der Flucht vor Konflikten, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen. Zusätzlich sorgt die Klimakrise für eine massive Verschärfung und zwingt schon heute Millionen Menschen dazu, ihr Zuhause zu verlassen. Die Vereinten Nationen befürchten, dass bis 2050 weltweit mehr als 200 Millionen Menschen aufgrund der Klimakrise vertrieben werden. Angesichts dieser Entwicklungen fordert Südwind eine Trendwende hin zu einer vorausschauenden, solidarischen Migrationspolitik. „Die tausenden Toten im Mittelmeer sowie das enorme Leid und Trauma in den Elendslagern an den EU-Außengrenzen sind das Ergebnis jahrelanger migrationspolitischer Untätigkeit der EU und populistischer Scheinlösungen von Mitgliedsländern wie Österreich“, kritisiert Stefan Grasgruber-Kerl, Menschenrechtsexperte von Südwind. „Die Österreichische Bundesregierung muss Flucht und Migration endlich als vielschichtiges Problemfeld ernstnehmen. Einzelmaßnahmen und die Abschreckungspolitik der hässlichen Bilder bringen keine Verbesserungen. Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler sind dringend gefragt, sich um seriöse Lösungen mit Weitblick für eine menschenrechtskonforme und zukunftsfähige Migrationspolitik zu bemühen.“ Daher braucht es für die Menschenrechtsorganisation Südwind klar definierte Wege für legale Migration und ein faires, solidarisches Verteilungssystem innerhalb Europas. Gleichzeitig werden die EU und Österreich aufgefordert, ihre Versprechen für Hilfe vor Ort zu erfüllen und ein neues Schutzsystem für Menschen zu schaffen, die aufgrund der Klimakrise ihr Zuhause verlieren. „Nur wenn Österreich solidarisch mit den Krisenländern handelt und Transitländer in der Unterbringung von Geflüchteten unterstützt, werden sowohl der Druck zu migrieren als auch die Gefahr für Flüchtende gelindert“, so Südwind-Experte Grasgruber-Kerl.

Fehlende legale Fluchtwege in die EU befeuern lebensgefährliche Migration.
„Politiker, die von illegaler Migration sprechen, wenn es gar keine legalen Möglichkeiten gibt, agieren hochgradig zynisch und liefern keinerlei Lösungen“, erklärt Stefan Grasgruber-Kerl. „Sichere und legale Fluchtwege zerstören das Geschäftsmodell von Schleppern und helfen dabei, das Sterben im Mittelmeer zu beenden. Österreich muss hier seine Blockadepolitik aufgeben.“ Die geregelte, solidarische Aufnahme und Umverteilung von Geflüchteten innerhalb Europas würde Grenzgemeinden entlasten und eine menschenrechtskonforme Migrationspolitik maßgeblich unterstützen. Zahlreiche österreichische Gemeinden haben sich dazu bereit erklärt, Geflüchtete aus den griechischen Elendslagern aufzunehmen. Einzig die politische Unterstützung dafür fehlt bislang.

Österreich bleibt beim Kampf gegen Fluchtursachen vieles schuldig.
Mehr Hilfe vor Ort wurde zwar oft versprochen, tatsächlich liegen die in Österreich bereitgestellten Mittel für den Auslandskatastrophenfonds und die Entwicklungszusammenarbeit weit hinter den internationalen Verpflichtungen gegenüber der OECD zurück. Darüber hinaus beteiligt sich Österreich aktuell an keinen Resettlement-Programmen. Derzeit sind diese theoretisch die einzige Möglichkeit zur regulären Einreise und stellen eine wichtige Erleichterung für Erst-Zufluchtsländer dar. Dennoch sucht man diese im Türkis-Grünen Regierungsprogramm vergeblich. 

Auch im Kampf gegen die Klimakrise als Fluchtursache gibt es großen Aufholbedarf. „Österreich hat es in den letzten 30 Jahren nicht geschafft, seine CO2-Bilanz zu verbessern. Die Klimakrise ist eine soziale Krise, die bestehende globale Ungleichheiten noch verschärft. Während vergleichsweise reiche Länder mit einem hohen CO2-Ausstoß weiterhin untätig bleiben, verlieren Millionen Menschen im Globalen Süden zunehmend ihre Lebensgrundlage und sehen sich gezwungen ihr Zuhause zu verlassen“, sagt Stefan Grasgruber-Kerl und fordert: „Die Politik muss sich ihrer Verantwortung stellen und endlich ins solidarische Handeln kommen. Leere Versprechen und abschreckende Rhetorik lösen keine Probleme!“ 

EU-Grenzgemeinden für menschliche und solidarische Migrationspolitik
Gemeinsam mit einem Bündnis aus 30 EU-Grenzgemeinden und NGOs (darunter u.a. Traiskirchen, Strass, Lampedusa und die nordägäische Regionalregierung mit der Hauptinsel Lesbos) fordert Südwind in einer Petition an das EU-Parlament und die EU-Kommission legale und sichere Migrationswege sowie eine Unterstützung der Grenzgemeinden und -gebiete durch die EU und die Ausrufung des Europäischen Tages des Gedenkens und Willkommens, um aller Migrationsopfer zu gedenken und Solidaritätsinitiativen zu fördern. Die Petition hat bereits über 11.900 Unterschriften gesammelt und kann unterschrieben werden unter: www.suedwind.at                                                                                      

Diese Aussendung wird im Rahmen der Projekte Snapshots from the Borders - Seitenblicke von den Grenzen mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union und  der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit durchgeführt. Die darin  vertretenen Standpunkte geben die Ansicht von Südwind wieder und  stellen somit in keiner Weise die offizielle Meinung der Fördergeber  dar. 
Südwind setzt sich als entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisation seit über 40 Jahren für eine nachhaltige globale Entwicklung, Menschenrechte und faire Arbeitsbedingungen weltweit ein. Durch schulische und außerschulische Bildungsarbeit, die Herausgabe des Südwind-Magazins und anderer Publikationen thematisiert Südwind in Österreich globale Zusammenhänge und ihre Auswirkungen. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, Kampagnen- und Informationsarbeit, engagiert sich Südwind für eine gerechtere Welt. www.suedwind.at