Jahrestag Rana Plaza: Rückwärtstrend bei fairen Arbeitsbedingungen in vollem Gange

Sechs Jahre nach der größten Katastrophe der Textilindustrie in Bangladesch zieht die Clean Clothes Kampagne Bilanz

Wien, 23.4.2019: Morgen jährt sich die Katastrophe von Rana Plaza zum sechsten Mal. Am 24. April 2013 wurden beim Einsturz des Fabrikgebäudes mehr als 1100 Arbeiterinnen und Arbeiter getötet und mehr als 2000 Menschen verletzt. Gertrude Klaffenböck von der Clean Clothes Kampagne dazu: „Wo kurz nach der Tragödie noch der Konsens „Nie mehr Rana Plaza“ zwischen Regierungen und Textilindustrie herrschte, scheint sechs Jahre danach Vieles wieder vergessen. Errungenschaften bei den Arbeitsrechten und bei fairer Bezahlung für die Arbeiterinnen und Arbeiter werden in Frage gestellt.“ Laut Klaffenböck ist aktuell auch eine seit mehr als zehn Jahren nicht mehr dagewesene Repressionswelle gegen Textilarbeiterinnen und -arbeiter, Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen in Bangladesch zu beobachten.

Gewinne der Markenunternehmen steigen - Löhne sinken, Arbeitsrechte werden unterdrückt
Nach der letzten Revision des gesetzlichen Mindestlohnes in Bangladesch wurden 8000 Taka (ca. 84€ pro Monat) für Textilarbeiterinnen und -arbeiter beschlossen. Das liegt nach wie vor weit unter einem existenzsichernden Einkommen und entspricht nur der Hälfte der von Gewerkschaften geforderten Erhöhung auf 16000 Taka. Der Verhandlungsprozess fand über weite Strecken unter Ausschluss der Gewerkschaften statt und mündete in Streiks und Protesten. 
Bei den Protesten von mehr als 50.000 Arbeiterinnen und Arbeiter Anfang 2019 wurden Wasserwerfer und Gummigeschoße eingesetzt. Es folgten Massenentlassungen, ein Arbeiter wurde getötet, mehr als 50 Arbeiterinnen und Arbeiter wurden verletzt. Seither halten die Repressionen an: Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, Entlassungen von Arbeiterinnen und Arbeitern, die an Demonstrationen teilnehmen oder gewerkschaftlich aktiv sind stehen auf der Tagesordnung.

Initiative der großen Modeketten lässt auf sich warten
Obwohl bekannt ist, dass auch Zulieferfabriken von namhaften Unternehmen wie C&A, H&M, Inditex oder Mango mit diesen Methoden gegen Arbeiterinnen und Arbeiter vorgehen, ist bisher keines von ihnen öffentlich gegen diese Maßnahmen eingetreten. Auch gegenüber der Regierung von Bangladesch haben sich die Modeketten ruhig verhalten, weder wurde die Freilassung von inhaftierten Arbeiterinnen und Arbeitern noch demokratische Grundprinzipien zum Schutz von Versammlungs-, Demonstrations- und Gewerkschaftsfreiheit eingemahnt.

Forderungen der Clean Clothes Kampagne – seit 30 Jahren für Textilarbeiterinnen und -arbeiter

  • Die Regierung sowie Fabrikbesitzerinnen und -besitzer in Bangladesch auf, die Anklagen gegen Arbeiterinnen und Arbeiter, die nach den Demonstrationen erhoben wurden, sofort fallen zu lassen. Zudem müssen die Betroffenen wieder eingestellt und entschädigt werden, das Führen von Schwarzen Listen (blacklisting) ist sofort zu beenden und die grundlegenden Rechte von Arbeiterinnen und Arbeiter sind zu garantieren.
  • Die Markenunternehmen auf, von ihren Zulieferer die Wiedereinstellung und Entschädigungen einzumahnen, die Vorwürfe und Anklagen gegen Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Gewerkschaften sofort fallen zu lassen sowie das Blacklisting zu beenden . Sie sind auch aufgefordert, sich öffentlich gegenüber der Regierung von Bangladesch zu äußern und die Angriffe auf Rechte von Arbeiterinnen und Arbeiter zu verurteilen.
  • Die österreichische Regierung auf, sich auf EU-Ebene für Untersuchungen im Rahmen des Handelsabkommens Everything But Arms/EBA einzusetzen und die darin enthaltene Einhaltung von Arbeitsrechtszusagen einzufordern. Weiters muss die österreichische Bundesregierung die Regierung Bangladeschs darauf hinweisen, dass sie von ihr erwartet, den Schutz grundlegender Rechte, wie Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und Gewerkschaftsfreiheit zu garantieren.

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Rückfragehinweis und Fotos: 
Theresa Gral, Südwind Pressesprecherin, +43 1 405 55 15 301, theresa.gral@suedwind.at 
Gertrude Klaffenböck, Clean Clothes Kampagne, +43 676 4460833, gertrude.klaffenboeck@suedwind.at