Steine in Indien

Steinbrucharbeiter
Steinbrucharbeiter
Mädchen im Steinbruch
Kinderarbeiterin, Keera, im Steinbruch
ArbeiterInnen und das Südwind-Aktionsteam
ArbeiterInnen und das Südwind-Aktionsteam

Steine brechen Menschen

Ein Drittel des in Österreich angebotenen Granits und schätzungsweise jeder vierte Grabstein, der hierzulande neu aufgestellt wird, kommen aus Indien und werden unter teils unmenschlichen Arbeitsbedingungen gefertigt. Trotz der Transportkosten sind sie billiger als heimische Steine. Im Oktober reiste das Aktionsteam von Südwind nach Indien, um Einblicke in die Arbeits- und Lebensverhältnisse der SteinbrucharbeiterInnen zu gewinnen.
Über eine Million Menschen schuften in indischen Steinbrüchen für Pflastersteine, Grabsteine und andere Steinprodukte – und zerbrechen daran.
Die Lebenserwartung liegt bei nur 40 Jahren, knappe 25 Jahre unter dem indischen Durchschnitt. Gründe dafür sind die schwere körperliche Arbeit, Unfälle und das Fehlen von Schutzkleidung trotz Staub und Lärm
Unmenschliche Arbeitsbedingungen
Eine weit verbreitete Krankheit ist Silikose – Quarzstaublunge – die unbehandelt in wenigen Jahren zum Erstickungstod führt. Das Südwind-Aktionsteam lernte vor Ort Jetha Ram, eines der unzähligen Opfer kennen. "Wegen Lungenproblemen, Schmerzen in der Brust und einem starken Husten musste ich aufhören zu arbeiten.", berichtete er.
Die Behandlung ist sehr teuer, der Steinbruchbesitzer kommt dafür nicht auf, Jethas Familie muss die Behandlungskosten selbst tragen, denn Krankenversicherungen oder andere Sozialleistungen bekommen die großteils analphabetischen ArbeiterInnen nicht.
Die Wenigsten besitzen schriftliche Arbeitsverträge, sondern sind als TagelöhnerInnen der Willkür der SteinbruchbesitzerInnen ausgesetzt. Die Löhne sind daher extrem niedrig und liegen für einfache Arbeiten, die vor allem von Frauen und Kindern erledigt werden, bei ca. einem Euro pro Tag. Dazu kommt das Problem der Schuldknechtschaft, die eigentlich nach internationalem und indischem Recht verboten ist.

Kinderarbeit
Viele ArbeitgeberInnen springen bereitwillig ein, wenn der Lohn der ArbeiterInnen nicht zum Überleben reicht und verleihen ihnen Geld zu hohen Zinssätzen, die sie nie zurückzahlen können. Die Schulden werden ihnen dann vom ohnehin schon niedrigen Lohn abgezogen. Um dieses Leben zu ertragen greifen viele Arbeiter zu Alkohol oder Opium. Auch daraus schlagen SteinbruchbesitzerInnen Profit und unterstützen diese Süchte durch die Vergabe von Krediten.
Besonders leidtragend sind Frauen und Kinder. Kisan (12), einer der Söhne von Silikose-Opfer Jetha Ram hat wie viele andere Kinder auch schon über 30.000 Rupien (entspricht ca. 450 Euro) Schulden: "In der Schule war ich noch nie. Ich arbeite jeden Tag von 9 bis 18 Uhr im Steinbruch. Über meine Zukunft denke ich nicht nach."
Die indische Verfassung schreibt fest, dass "kein Kind unter 14 Jahren in einer Fabrik oder einem Bergwerk arbeiten oder sonst eine für sich gefährliche Arbeit verrichten soll". Dennoch arbeiten Schätzungen zufolge bis zu 100.000 Kinder in indischen Steinbrüchen.
  
Alternativen
Hilfe bzw. Alternativen gibt es allerdings.  "Seit dem Jahr 2000 hat der Entwicklungshilfeklub mit rund 185.000 Euro dazu beigetragen, dass sich schwer ausgebeutete Familien, die wie Leibeigene und Sklaven in Steinbrüchen rund um Bangalore gehalten wurden, zu selbständigen Kooperativen zusammenschließen konnten. Rund 25 Kooperativen wurden in den letzten acht Jahren mit unserer Unterstützung gebildet. Dies war möglich, weil durch Bewusstseinsarbeit, Lobby-Arbeit, Alphabethisierung, medizinische Versorgung, Schulbildung für die Kinder, etc. die Basis für ein selbständiges Leben geschaffen werden konnte.", gibt Gabriele Tabatabai vom Entwicklungshilfeclub zu bedenken.
Aber auch über den Handel können KonsumentInnen was tun. Den Stein ins Rollen brachte vor drei Jahren die deutsche Zertifizierungsinitiative "XertifiX", über die Steine aus Indien bezogen werden können. XertifiX garantiert, dass bei der Produktion keine Kinderarbeit passiert, und dass die ArbeiterInnen einen fairen Lohn bekommen.
In Österreich sei die Problematik der Kinderarbeit den Fachleuten seit Jahren bekannt, sagt der Bundesinnungsmeister der Steinmetze, Rudolf Wunsch. Nun soll das Thema bei der nächsten Sitzung der Bundesinnung der Steinmetze am 28. November 2008 und bei deren Bildungswoche im Jänner 2009 zusammen mit VertreterInnen von XertifiX diskutiert werden. "Wir wollen als Bundesinnung alles nur Mögliche tun, um sicher gehen zu können, dass bei unseren Natursteinprodukten keinerlei Kinderarbeit anzutreffen ist.", verspricht Wunsch.

Resümee

Das Südwind-Aktionsteam fasst nach der Rückkehr aus Indien zusammen:
Kinderarbeit wird von den SteinbruchbesitzerInnen in Indien und vom Handel in Europa immer ernster genommen wird. Allerdings ist Kinderarbeit ein Symptom dafür, dass die Eltern zu wenig verdienen, um ihre Familien zu versorgen. Deshalb ist es wichtig Druck zu machen, dass auch faire Entlohnung und gesundheitsfördernde Maßnahmen zum Standard werden.
KonsumentInnen haben die Möglichkeit im Handel nach der Herkunft und den Arbeitsbedingungen nachzufragen und Steine aus zertifizierter Produktion zu verlangen. Nur dann werden Kinderarbeit, Krankheit und Hungerlöhne in den Steinbrüchen in der Zukunft beseitigt werden.

Zum Downloaden und Weiterlesen:
Folder zum Downloaden
Fotos aus indischen Steinbrüchen
Infos zu Xertifix
Exemplarische Geschichten von Familien
Link zum Entwicklungshilfeclub