Stopp dem Staudamm in Brasilien

Vier Personen in einem am Steg befestigten Holzboot
Noch ist es möglich am und vom Fluß zu Leben...
Ein kleines Mädchen hält eine Schnur, an welcher mehrere tote Fische aufgefädelt sind
Wenn der Staudamm kommt, ist der Fischbestand gefährdet

Februar 2011

Amazonien darf nicht untergehen!
Für den Bau des drittgrößten Wasserkraftwerks weltweit, Belo Monte im brasilianischen Amazonas, soll mehr Erde ausgehoben werden, als für den Panama-Kanal. Das Megaprojekt bedroht die Existenz von mehr als 30.000 Menschen.

Im Februar waren zwei Südwind-Mitarbeiterinnen vor Ort, um sich ein Bild von der Situation der Betroffenen zu machen: „"Es ist erschütternd! Die Menschen, die am und vom Fluss leben, werden alles verlieren: ihre Häuser, ihre Felder, ihre Kultur! Sie leben in purer Existenzangst.", zeigen sie sich nach dem Lokalaugenschein bestürzt.
Wenn die Staumauer gebaut wird, wird der darunter liegende Fluss zu einem Rinnsal, den dort lebenden Indigenen wird die Lebensader abgeschnitten: „Vor allem beunruhigt mich die Frage der Gesundheit. Das stehende Wasser wird schlecht, wir können es nicht mehr verwenden und Krankheiten werden ausbrechen. Für uns hier wird ewig Sommer, also Trockenzeit sein. Alles wird aufhören, es wird keine Fische mehr geben. Vom Fluss selbst, dem Rio Xingu, bleibt nur noch ein Skelett übrig“ fürchtet Josinei Arara, ein indigener Anführer eines Dorfes im Amazonas.

Betroffene wissen nicht, wohin sie sollen
Oberhalb der Staumauer wird ein Gebiet, größer als Neusiedler- und Bodensee zusammen, überschwemmt. SiedlerInnen, die von Subsistenzlandwirtschaft und dem Anbau von Kakao leben, sollen umgesiedelt werden. Wann sie wohin sollen oder wie sie entschädigt werden, wird ihnen nicht gesagt. "Wir wissen, dass sie uns hier weg haben wollen. Aber niemand spricht mit uns über Entschädigungen. Sie sagen, es sei noch nicht an der Zeit dafür. Niemand sagt, wie viel ein Kakaobaum wert sein wird. In Wirklichkeit hat er keinen Preis, denn er kann mir Erträge für die nächsten 40 Jahre bringen", zeigt sich ein Siedler besorgt.

Regierung und Unternehmen geht es um Profite
Die brasilianische Regierung will das Projekt um jeden Preis, auch auf Kosten von Mensch und Umwelt, durchsetzen. Das Kraftwerk sei notwendig, um den wachsenden Energiebedarf der BrasilianerInnen zu decken, so die Argumentation von Regierungsseite. Aber laut vieler KritikerInnen sei das Kraftwerk nicht rentabel, da die volle Leistung nur etwa drei Monate im Jahr erbracht werden kann, wenn der Wasserstand des Flusses entsprechend hoch ist. Um den Maximaloutput das ganze Jahr über zu garantieren, müssten noch einige weitere Staustufen stromaufwärts gebaut werden. Das wäre eine Tragödie für die Region.

Vom Bau des umstrittenen Kraftwerks profitieren würde hingegen die österreichische Andritz AG. Sie wird voraussichtlich Turbinen, Generatoren und anderes technisches Equipment liefern. "Es kann uns nicht egal sein, wenn sich eine österreichische Firma an diesem Monsterprojekt beteiligt", führt Herbert Wasserbauer von der Dreikönigsaktion, dem Hilfswerk der Katholischen Jungschar aus. Die Dreikönigsaktion steht seit langem in Kontakt mit brasilianischen Partnerorganisationen und verfolgt vor allem die Involvierung der Andritz AG in das Belo Monte-Projekt. Die Andritz AG gibt an, bei derartigen Projekten "im Detail nicht nur technische und kommerzielle Risken, sondern auch Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit, soziale und kulturelle Aspekte" zu analysieren. "Im Fall von Belo Monte scheint man es aber nicht so genau wissen zu wollen. Anders ist nicht zu erklären, dass etwa Fragen nach der Bewertung von dokumentierten Menschenrechtsverletzungen im Genehmigungsverfahren von Belo Monte bei der gestrigen Aktionärsversammlung der Andritz AG einfach mit dem dürren Verweis ‚wir sind nicht die Weltpolizei’ abgewimmelt wurden", kritisiert Wasserbauer.

Widerstand gegen Belo Monte
Der prominenteste Kämpfer gegen die Vernichtung des Amazonas ist der aus Österreich stammende Bischof der Diözese Xingu, Dom Erwin Kräutler. Den Südwind-Mitarbeiterinnen, die auch vor Ort mit den Betroffenen demonstrierten, gab er mit auf den Weg: "Die (Andritz AG) tun sich leicht. Belo Monte ist weit, weit weg für sie. Die denken vor allem an die Aufträge und mit denen kommt das Geld – aber ihre Kinder und Enkelkinder sind davon nicht betroffen. Für mich ist das anders. Ich kenne die Kinder, ich kenne die Eltern, ich kenne die Menschen. ... In Österreich kann man sagen: Hinter uns die Sintflut! Aber in Brasilien sind wir von dieser Sintflut betroffen! Wir erleben diese!" Bischof Erwin Kräutler wurde 2010 für seinen Widerstand gegen Belo Monte und seinen Einsatz für die indigenen Völker Brasiliens mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.


Zum Downloaden und Weiterlesen:
O-Töne und Fotos von Betroffenen
Südwind Folder "Amazonien darf nicht untergehen!"
Video auf Youtube "Count-Down am Xingu" Martin Keßler